Zuchtwahl

Zuchtwahl

Zuchtwahl, Auslese, Selektion (Selectĭo), ein, solange es Lebewesen gibt, in der Natur stattfindender Vorgang (selectĭo naturālis; engl. natural selection), durch den von einer Anzahl unter gleichen Verhältnissen lebender Organismen gleicher Art gewisse, diesen Verhältnissen am besten entsprechende Individuen im Kampf ums Dasein, dem auf den Nahrungserwerb gerichteten Wettkampf, mit den andern, auch mit solchen anderer Art, als Sieger hervorgehen (Überleben des Passendsten) und die Eigenschaften, durch die sie Sieger wurden, auf ihre Nachkommen vererben können. Da sich dieser Vorgang in jeder Generation abspielt, müssen sich die betreffenden Eigenschaften immer mehr steigern, und zwar auf Kosten anderer, überflüssig werdender. Da aber die Verhältnisse nirgendes dieselben sind, so müssen verschiedene Eigenschaften zu- und abnehmen, was die schließliche Bildung neuer Formen und Arten (Entstehung der Arten) bedingt. Man hat namentlich zwei bei Tieren stattfindende Arten der natürlichen Z. hervorgehoben: die nachahmende und die geschlechtliche (sexuelle) Z.; bei jener sind die Tiere, die mit umgebenden Naturobjekten gleiche Farbe (sympathische Färbung) haben, vor Verfolgungen am besten geschützt (Schutzfärbung) und können auch ihre Beute am besten beschleichen, sich also besser ernähren. Bei der geschlechtlichen Z. haben die Individuen eines Geschlechts (in der Regel des männlichen), die sich rascher bewegen, die größere Kraft und bessere Waffen zur Bekämpfung des Nebenbuhlers, oder die schöner aussehenden, besser musizierenden (Vögel, Insekten etc.), bisweilen auch besser (immer im Sinne des andern Geschlechts) riechenden, die meiste Aussicht sich fortzupflanzen und ihre Eigenschaften zu vererben. In der künstlichen Z. hat der Mensch seit Jahrtausenden diesen Vorgang absichtlich oder unabsichtlich wiederholt, indem er aus einer Anzahl Haustiere und Hauspflanzen zur Fortpflanzung immer die auswählte, die gewisse, ihm vorteilhaft scheinende Eigenschaften am stärksten zeigten. Diese Eigenschaften konnten bei derselben Tierart verschiedener Natur sein, z.B. bei Wiederkäuern das Haar, das Fleisch, die Milch etc., je nach Liebhaberei oder Bedürfnis des Züchters, betreffen, und wurden dann einseitig ausgebildet. Über nachahmende Z. s. Mimikry. [Zur geschlechtlichen und nachahmenden Z. vgl. die Beispiele auf Tafel: Entwicklungsgeschichte II, 5-13.] – Vgl. außer den entwicklungsgeschichtlichen Werken Darwins, Haeckels u.a. Plate, »Über Bedeutung und Tragweite des Darwinschen Selektionsprinzips« (1900) und Poulton, »Charles Darwin and the theory of natural selection« (1901).


http://www.zeno.org/Brockhaus-1911. 1911.

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